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Soziokratie mit Kindern – ein Interview mit Hope Wilder von der Pathfinder Community School


Hope Wilder ist Gründerin der Pathfinder Community School in Durham, USA, einer selbstgesteuerten Lerngemeinschaft, die Soziokratie mit Mitarbeitern, Schülern und Eltern anwendet. Hope engagiert sich leidenschaftlich für Empowerment, das heisst die Selbstbefähigung und Stärkung von Autonomie und Eigenmacht. Sie weiss aus Erfahrung, dass Zusammenarbeit zu besseren Entscheidungen führt und dass die Stimmen aller es verdienen, gehört zu werden. Wir haben sie gefragt, wie Soziokratie mit Kindern umgesetzt werden kann.


Der Lehrplan der Pathfinder Community School beinhaltet Gemeinschaftsbildung. Warum habt Ihr dies als Lehrplan gewählt, und wie wird Gemeinschaftsbildung bei Euch gelehrt?


Unsere Lerngemeinschaft verwendet selbstgesteuerte Bildung als ihr Bildungsmodell, und die Gemeinschaftsbildung kann als "erforderlicher Lehrplan" angesehen werden, um an der Gemeinschaft teilzunehmen. Während die Kinder also die meiste Zeit frei sind, ihren Interessen ohne Vorgaben nachzugehen, müssen sie morgens zu kurzen Treffen gehen, die einem soziokratischen Prozess folgen. Ausserdem müssen die Kinder bei Konflikten an Mediationen zur Konfliktlösung oder Klärungs-Kreisen teilnehmen. Wir haben Gemeinschaftsbildung als Lehrplan gewählt, weil wir denken, dass unsere Gesellschaft Gemeinschaft braucht.

Wir sehen die Befähigung von Kindern und die Achtung ihrer Menschenrechte als einen wichtigen Teil der Erschaffung einer besseren Zukunft.

Wir hoffen, dass die Kinder in unserer Gemeinschaft lernen, Probleme gemeinsam zu lösen und stärkere Beziehungen aufzubauen, was zu gesünderen Gemeinschaften führt, wenn sich diese Praktiken in der Welt ausbreiten.

Wir bauen die Gemeinschaft auf viele Arten aktiv auf, unter anderem:

  • Aktives Einholen von Feedback der Kinder zu den Regeln und Abläufen in der Schule

  • Befähigung der Kinder, sich an der Entscheidungsfindung über das Programm, die Regeln und ein partizipatives Budget zu beteiligen

  • Zeit damit verbringen, sich gegenseitig durch Fragerunden kennen zu lernen, um eine Verbindung zu schaffen

  • Betonung der Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Kindern durch ein Mentorenprogramm

  • Den Kindern Konfliktlösungsstrategien durch restorative Praktiken beibringen


Welche Vorteile hat es, wenn Kinder an soziokratischen Entscheidungen in der Schule teilhaben können?


Kinder lernen, bei Entscheidungen mitzureden, und sind stärker an den Ergebnissen beteiligt. Wenn sie dabei helfen, die Regeln des täglichen Programms zu erstellen und zu ändern, werden sie mehr in die Lösungen investieren, da sie sich die Regeln selbst ausgedacht haben. Die Kinder lernen, wie man durch Zustimmung gemeinsam Entscheidungen trifft, und wir sehen, dass sich diese Praktiken auch auf ihre persönlichen Beziehungen und Familien übertragen.

Zurückhaltende Kinder lernen, ihre Meinung zu vertreten. Meinungsstarke Kinder lernen, anderen zuzuhören und sich in sie einzufühlen.

Sie lernen, viele Standpunkte zu vertreten, wenn sie Probleme aus verschiedenen Perspektiven betrachten.

Sie lernen, dass ihre Stimmen wichtig sind und dass sie gehört werden.

Was sind die Schwierigkeiten bei der Umsetzung soziokratischer Prinzipien mit Kindern im Alter von 4-10 Jahren?


Kinder in diesem Alter haben eine kurze Aufmerksamkeitsspanne für Besprechungen. Wir haben festgestellt, dass einige Kinder wegen des Zeitaufwands manchmal lieber nicht teilnehmen möchten. Allerdings stimmen diese Kinder im Allgemeinen den Lösungen zu, die andere vorschlagen, und beteiligen sich an Diskussionen, die ihnen sehr am Herzen liegen.


Wenn Du einen Tipp geben könntest, wie Soziokratie besser mit Kindern funktioniert, welcher wäre das?


Kürzere tägliche Treffen, maximal 20 Minuten, mit einem Thema pro Treffen.


Die Kinder an der Unico sollen zukünftig auch in unsere soziokratische Kreisstruktur einbezogen werden: Was würdest Du uns raten, womit wir anfangen sollten?


Ich würde damit beginnen, die Kinder in kleinen Gruppen (7-10) in Runden um Feedback zu bitten zu bestimmten Bereichen, über die die Kinder Kontrolle haben, und ihr Feedback zu Vorschlägen zusammenzufassen. Beispiele für Bereiche sind ein partizipatives Budget, die Einrichtung eines Raumes oder die Themen der angebotenen Workshops. Sobald die Kinder sich daran gewöhnt haben, Feedback zu geben, kann die Entscheidungsfindung mittels Konsent eingeführt werden mit den Vorschlägen, die von den Erwachsenen aus dem Feedback der Kinder generiert wurden. Sobald die Kinder sich wiederum an die Entscheidungsfindung gewöhnt haben, wählen Sie Vertreter in einen Kinderkreis. Sobald sie sich an den Kinderkreis gewöhnt haben, wählen Sie Vertreter in einen grösseren Schulkreis aus der Kreisstruktur der Unico.


Herzlichen Dank an Hope Wilder für das interessante Interview!



Mehr über Hope's Arbeit und Soziokratie mit Kindern findet Ihr hier: Hope's Website: https://www.hopewildertraining.com/ Website der Pathfinder Community School: https://pathfindercommunityschool.com/


(Interview: Lucy Gmelch / Bild: Hope Wilder)


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